Photo by Christine Bay
Ich erwache aus tiefem Schlaf. Durch durch den Widerhall meiner Bewegungen nehme ich die besondere Akustik des kleinen Raumes wahr; dann die auf meinem Kopf verschobene und bis tief in meine Augen hängende Wollmütze; die Schwere und Wärme der dicken Bettdecke. Ich strecke mich, nehme dabei einen tiefen Atemzug; öffne die Augen und blicke auf den hölzernen Hängeschrank etwa dreißig Zentimeter über meinem Gesicht. Direkt zu meiner Linken berühre ich den Kleiderschrank. Trübes Licht fällt durch die grobmaschigen grünen Vorhänge der Fenster; durch das der Heckklappe, keine handbreit hinter meinem Kopf, und durch jenes in Armlänge zu meiner Linken. Mit Daumen und Zeigefinger öffne ich die in der Mitte der Heckscheibe aneinander geknöpften Vorhänge einen Spalt, um hinauszusehen. Die Scheibe ist beschlagen; also muss es draußen kalt sein. Den nackten Arm ziehe ich wieder unter die Decke, denn auch hier drinnen ist es nicht sonderlich warm.
Nachdem ich mich ein wenig gesammelt und zurechtgefunden habe, fasse ich an die kurze Seite des Schrankes neben mir. Dort schiebe ich den linken Schalter des Raumthermostates nach oben auf das Symbol mit der großen Flamme; den rechten ebenfalls nach oben auf "Heizen". Sofort erklingt das surren des Heizungsgebläses unterhalb des Bettes. Nach wenigen Sekunden öffnet sich mit einem leisen Klack das Magnetventil für die Gaszufuhr und das Tackern der elektrischen Zündung ertönt mehrere Male, bis ein Rauschen vernehmbar wird: Die Gasflamme hat gezündet.
Ich schätze die Raumtemperatur auf maximal zehn Grad - es besteht also kein Grund unter der Decke hervorzukriechen, bevor nicht die Heizung ihren Dienst getan hat.
Gegen die Heckklappe gelehnt richte ich mich ein wenig auf und schaue über die Bettdecke hinweg in den Raum. All das, was ich sehe, ist nun mein Leben; viel anderes besitze ich nicht mehr. Das wenige ist nun mein Leben. Ein befriedigender Gedanke und ein erhebendes Gefühl.
Ich schaue zu dem Hochschrank dort links am Fußende des Bettes - wobei "hoch" in diesem Fall ein Meter fünfzig bedeutet; auf den Küchenblock rechts am Fußende des Bettes - in der Spüle liegt das schmutzige Geschirr der letzten Tage gestapelt, eine leere Weinflasche steckt dazwischen. Dahinter auf dem Rand des Küchenblockes sind Spülmittel, -bürste und Flüssigseife fein säuberliche in einer aufgeklebten, kleinen Wanne aufgereiht. Direkt dahinter ist schon die Kopflehne des Beifahrersitzes. Auf dem Spülbeckenrand steht die orangene Emaille-Tasse mit dem Stroh-Rum Aufdruck, aus der ich sowohl Tee als auch Wein trinke; und natürlich auch - kurz mit Wasser ausgespült - die Zähne putze.
Zwischen Kleiderschank und Küchenblock liegt der ausgeklappte Gaskocher, auf dem noch der Wasserkessel, als auch der Topf mit den restlichen Spagetti stehen. Zwischen dem Hochschrank und dem Kleiderschrank direkt neben mir, sind zwei Wäscheleinen gespannt, an denen Socken und ein Handtuch hängen. Ganz vorne sehe ich das Armaturenbrett und aus der beschlagenen Windschutzscheibe hinaus unscharf die noch ein wenig winterlich wirkende Landschaft des Aprils.
Das ist nun mein Zuhause: Ein VW T2b aus dem Jahre 1978, mit der Campingausstattung "Helsinki" der Firma Westfalia.
Ein lang gehegter Traum - und nun lebe ich ihn …
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